18.07.–8.11.2020

Yann Annicchiarico: Diener zweier Herren

Ein Mann mit weißem Hemd und einem verspiegelten Polyhedron auf dem Kopf tastet sich durch ein Labyrinth aus schwarzem MDF.

Yann Annicchiarico, L’espace de Monsieur Polyèdre, 2019, Filmstill, Kamera: Maïté Marra

Für seine Einzelausstellung im KIT entwickelte der Künstler Yann Annicchiarico eine raumgreifende Installation, die sich auf spannende Weise in die besondere Architektur des unterirdischen Raumes einfügt. Innen und außen, oben und unten, sind nicht mehr klar zu unterscheiden, visuelle und akustische Eindrücke fordern die Sinne. Genau hier setzt die Intention von Annicchiarico ein: Für ihn liegt das eigentliche Werk in der Wahrnehmung der Betrachterinnen und Betrachter, in der ästhetischen Erfahrung, die wir in den verschiedenen „Räumen“, die sich im KIT auftun, machen. Hierbei bezieht sich der Künstler sowohl auf die gegebenen Wände des Tunnelraumes, auf die darin aufgebauten Installationen, als auch auf jeglichen möglichen Raum, der durch seinen Eingriff und die Erfahrung der Betrachterinnen und Betrachter entsteht. Wir erleben einen Parcours ins Absurde und können aktiv am künstlerischen Prozess teilhaben.

Yann Annicchiarico, Diener zweier Herren, 2020, Foto: Ivo Faber
Yann Annicchiarico, Diener zweier Herren, 2020, Foto: Ivo Faber

„Diener zweier Herren“ bezieht sich auf die Ausstellung als Gesamtkunstwerk, das gehend und sehend erforscht werden kann: Jedes einzelne Teil drückt Zweiheit aus. Dualismen und Unstimmigkeiten führen uns immer wieder hinters Licht: Unser Blick und unser Körper werden hin- und hergerissen, zwischen irritierenden Sichten, Barrieren und Öffnungen, geometrischen Figuren und Naturerscheinungen — wie Spuren von Nachtfaltern.

Annicchiarico erforscht die Grenzen zwischen dem Innen- und Außenraum, der analogen und digitalen Welt, dem eigenen und fremden Wesen. Durch die Verschiebung dieser und der Umkehrung von Größenverhältnissen führt er uns an die Grenzen unserer Wahrnehmung. Wo unsere Welt endet, beginnt die einer anderen Spezies. Wir sind nur ein winziger Teil, dieses doch so geheimnisvollen Universums. Der Künstler spricht von einer Aufhebung, die stattfindet, wenn wir bewusst schauen, und bietet uns vielleicht fast meditative Erfahrungen, wenn wir uns nur einlassen auf das Erfassen von Licht und Dunkelheit, Bewegung und Stillstand, Distanz und Nähe. „Diener zweier Herren“ schenkt uns die rare Gelegenheit, Zeit – unsere kostbare, limitierte Lebenszeit – zu sehen und zu spüren, vielleicht einen Traum zu wagen.

Die Ausstellung wurde kuratiert von Céline Offermans.

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Yann Annicchiarico, Diener zweier Herren, 2020, Foto: Ivo Faber